Schwechat - Brauereikeller
Deckname "Santa I + II", "Senta", "Karpfen", "Renke"

 

Schon 1632 beginnt die Geschichte der Brauerei in Schwechat1). In den nächsten Jahrhunderten entwickelt sie sich zur größten österreichischen Brauerei und um 1900 sogar zum größten Brauunternehmen weltweit 2).


(C) 2008 Sammlung Schmitzberger
Panorama des Brauerei- und Kellerareals in Schwechat: links der "Büffelberg" mit einem Hauptteil der Keller, Werkstätten, Sudhaus, rechts der Großspeicher aus der Kriegszeit


Parallel dazu entsteht im Untergrund auch einer der größten Brauereikeller Österreichs. Vor allem unter der Pächter- und Besitzerfamilie Dreher (1782-1925) wird der Keller systematisch immer weiter ausgebaut. Im 20. Jahrhundert hat der Keller schließlich eine Ausdehnung von etwa 50.000m².

Schon vor Beginn des Zweiten Weltkrieges(!) entstehen erste Überlegungen die großen Kelleranlagen auch als Luftschutzkeller zu verwenden. Am 10. Jänner 1939 wird schließlich der Bau eines Luftschutzkellers für 300 Personen eingereicht. Er wird nach den modernsten Richtlinien mit Befehlsstelle, Gasschleusen und Toilettanlagen ausgestattet.


(C) 2008 Sammlung Schmitzberger
Einreichplan, Deckenverstärkungen, Notausgang des Luftschutzkellers



In den Jahren 1940/41 wird auf dem Brauereigelände ein neuer Gertreide-Großspeicher errichtet 3).
Schon bald mußte man sich aber nicht um große Getreidemengen, sondern um zu kleine kümmern: Gegen Ende des Krieges erreicht die Bierproduktion wegen Rohstoffknappheit einen geschmacklichen Tiefpunkt, das Interesse an den riesigen Kelleranlagen erreicht aber einen neuen Höhepunkt.
Die zahlreichen Projekte zur Untertagverlagerung von Produktionen spiegeln sich in den zahlreich vergebenen Decknamen wider. Das Decknamenverzeichnis kennt für den Schwechater Brauereikeller die Decknamen "Senta", "Karpfen" und "Renke" 4). Leider lassen sie sich nicht mehr den damit verbundenen Produktionen zuordnen.

Im Frühjahr 1944 wurde die erste große Betriebsverlagerung in die Brauereikeller mit Teilen der "Flugmotorenwerke Ostmark" (FMO) fixiert 5). Auch das Flugmotorenwerk Steyr wurde teilweise in die Brauereikeller verlagert 6).


(C) 2008 Sammlung Schmitzberger
Impressionen aus den einst gewaltigen Brauereikellern


Mit dem Bombardement der Heinkel-Werke-Schwechat im Sommer 1944 musste auch für die dortigen Produktionsanlagen eine unterirdische Verlagerung gefunden werden. Teile davon fanden unter den Decknamen "Santa I" und "Santa II" in den Kellern einen neuen Standort 6). Bei dieser unterirdischen Heinkel-Fertigung dürfte es sich um eine Teilefertigung für den "Volksjäger" He162 gehandelt haben 7).


Konzentrationslager Schwechat
Am 15. August 1944 wird auf dem Areal der Brauerei ein eigenes Aussenlager des Konzentrationslagers Mauthausen gegründet. Die hier inhaftierten Männer wurden zu Arbeiten für die Heinkel-Werke und für die Flugmotorenwerke Ostmark in den Brauereikellern herangezogen. Am 31. März 1945 wird das Lager beim Herannahen der Roten Armee geschlossen. Auch für das Lager waren die Decknamen "Santa I" und "Santa II" in Gebrauch 8).


Zustand heute
Das Brauhaus selbst wurde durch alliierte Bomben zerstört. Die Keller überlebten den Krieg, sind aber inzwischen nicht mehr als Bierkeller in Verwendung und warten auf ihre Demolierung oder eine neue Nutzung. Dies gilt auch für den Großteil des einstigen Brauereigeländes.



(C) 2008 Sammlung Schmitzberger
Kraftzentrale (~1905), Getreide-Großspeicher (1940/41), Pläne und Feuerwehrdepot der einstigen Brauerei


 

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M.S.

Quellen und weiterführende Literatur

1) www.schwechater.at (5.4.2008)
2) www.schwechater.at (5.4.2008)
3) Weihsmann; Bauen unterm Hakenkreuz; S. 1057
4) Wichert; Decknamenverzeichnis deutscher unterirdischer Bauten des zweiten Weltkrieges
5) Perz; Projekt Quarz; S. 157
6) Perz; Projekt Quarz; S. 171
7) www.mauthausen-memorial.at (6.4.2008)
8) www.mauthausen-memorial.at (6.4.2008)

 

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