St. Pölten - Gefangenenlager für ungarische Juden

 

Einen besonderen Tiefpunkt der St. Pöltner Stadtgeschichte stellt das Lager für ungarische Jüdinnen und Juden dar, das in der Viehofener Traisenau errichtet wurde.

 

(C) Schmitzberger 2009
(C) Schmitzberger 2009
Das einstige Areal des Gefangenenlagers wurde durch eine Schottergrube "beseitigt" und bildet heute als Badesee eines der Naherhohlungszentren der Stadt. Im Hintergrund ist Schloss Viehofen erkennbar.

 

Im März 1944 hatte die Wehrmacht Ungarn besetzt - kurz danach erfolgte die Verhaftung hunderttausender ungarischer Juden. Während über 430.000 Personen direkt in das Konzentrationslager Auschwitz gebracht wurden, begann man etwa 300.000 Personen als Zwangsarbeiter nach Österreich zu deportieren. Diese Personen wurden nicht in das Konzentrationslager - System aufgenommen und wurden auch nicht selektiert. Es kam somit dazu, dass ganze Familien den Unternehmen und Organisationen als Sklaven zur Verfügung gestellt wurden.(1)

Eine der Organisationen, die damals um Zwangsarbeiter angefragt hatte, war der St. Pöltner Traisen Wasserverband. Er arbeitete an der Regulierung der Traisen im Bereich Viehofen. Durch diese Anfrage gelangte nun ein Eisenbahnzug mit ungarischen Juden über das Lager Strasshof nach St. Pölten. In Viehwaggons wurden 126 Personen am 10. Juli 1944 zum Hauptbahnhof gebracht und von dort per Fußmarsch in die Viehofener Au eskortiert. Dort wartete auf einem Grundstück des Grafen Kuefstein ein umzäuntes Barackenlager auf seine Insassen.(2)

Die hier untergebrachten Juden - darunter viele Kleinkinder, Frauen und Greise - mussten nun an der Errichtung von Dämmen und an der Begradigung des Flusses arbeiten. Die später auf etwa 180 Personen angewachsene Häftlingsgruppe wird nur völlig unzureichend mit Nahrungsmitteln versorgt. 14 Brote müssen für 180 Personen reichen - die daneben untergebrachten fürstlichen Rehe werden bis Kriegsende ausreichend versorgt.(3)

Zumindest acht Personen kamen im Lager um - es wird aber auch von flüchtigen Häftlingen berichtet, die nie wieder gesehen wurden. Nur wenigen Insassen gelang tatsächlich die Flucht - darunter eine Familie, die von einem Arzt und einer Nonne in der Seuchenstation des St. Pöltner Spitals versteckt wurde.
Im Lager selbst wurden Anfang April 1945 die Alten, Schwachen und Kranken von Mitgliedern der SS erschossen. Die übrigen Häftlinge wurden auf einem Todesmarsch Richtung Konzentrationslager Mauthausen getrieben, wo aber nur die wenigsten von ihnen ankommen sollten. Bis heute ist ungeklärt, wo die Toten der Erschießungen und des Todesmarsches geblieben sind.(4)

 

 

 

 

Quellen und weiterführende Literatur

1) Eleonore Lappin, Die Todesmärsche ungarischer Juden durch Österreich im Frühjahr 1945, http://www.ejournal.at/Essay/todmarsch.html (8.2.2009)
2) Manfred Wieninger, Die barmherzige Barmherzige Schwester, http://www.evolver.at/stories/Margareta_Balog/ (8.2.2009)
3) Manfred Wieninger, Die barmherzige Barmherzige Schwester, http://www.evolver.at/stories/Margareta_Balog/ (8.2.2009)
4) Wettbewerbsausschreibung Mahnmal für die Zwangsarbeitslager St. Pölten - Viehofen, http://www.publicart.at/virtuell/viehofen/index.html (8.2.2009)

 

 

 

 

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M.S.

 

 

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